Feiern verboten

Wer das Süddeutsche Zeitung Magazin liest, kennt vielleicht die Rubrik „Gewissensfrage an Dr. Dr. Erlinger“. In dieser Woche (Nummer 13, 27. März 2015) fragt Johanna M. aus Kassel, ob sie die Einladung der Schwägerin zur großen Feier von deren 50. Geburtstag am Karfreitag ausschlagen soll, denn eigentlich möchte sie lieber „aus Respekt vor dem lieben Gott“ den Karfreitag als stillen Feiertag begehen. Andererseits möchte sie ihre Schwägerin aber auch nicht vor den Kopf stoßen.

Dr. Etlinger formuliert eine differenzierte Antwort, in der er zunächst fragt, ob es überhaupt OK ist, dass die Schwägerin am Karfreitag feiert. Er stellt fest: „Das ist klar zu beantworten: Ja, es ist vollkommen in Ordnung. Vermutlich ist Ihre Schwägerin nicht übermäßig oder überhaupt nicht christlich.“

Herr Etlinger hat vermutlich recht, denn das hessische Hessisches Feiertagsgesetz – wir unterstellen mal, dass die Schwägerin der von Johanna M. in Hessen feiern möchte – verbietet (§8, Abs. 1 HFeiertagsG) am Karfreitag nur öffentliche Feiern. Eine private Feier ist möglich, wenn sie Christen nicht beim Trauern stört.

Was aber, wenn die Schwägerin von Frau M. in Nordrhein-Westfalen lebt und dort feiern möchte? Das nordrhein-westfälische Feiertagsgesetz berücksichtigt im Unterschied zum hessischen immerhin zwei jüdische Feiertage, ist beim Karfreitag aber strenger: Nach §6 Abs. 3 sind in Nordrhein-Westfalen auch nicht-öffentliche Veranstaltungen verboten, wenn sich draußen oder parallel mit einem sog. Gottesdienst stattfinden.

Weiß Herr Etlinger das? Wissen die Menschen in Deutschland das? Dass in Deutschland die christlichen Feiertage eine so herausgehobene Stellung haben, dass öffentliche Tanz-, Musik- und Sportveranstaltung verboten sind?

In Einklang mit der Gesetzgebung in NRW hat daher auch das Oberverwaltungsgericht am 23. März 2015 eine geplante muslimische Feier mit 400 Gästen verboten (Pressemitteilung OVG NRW). Religiöse Gründe sollen bei dieser Entscheidung keine Rolle gespielt - klar, wenn die Religion schon im Gesetz verankert ist!

Das Beispiel des Feierverbots zu Karfreitag und zu anderen christlichen Feiertagen zeigt, wie wenig Staat und Kirche in Deutschland wirklich getrennt sind. Respekt vor Minderheiten – die zunehmend zu Mehrheiten werden – sieht anders aus. Ich finde es daher gut, dass die GBS Göttingen sich für eine echte Trennung von Kirche und Staat einsetzt.